3 - Die Hanse im ersten Globalisierungszeitalter (1200-1500) [ID:562]
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So, meine Damen und Herren, heute diskutieren wir etwas ganz Grundlegendes bei der Geschichte der Hansen, nämlich den hansischen Handel.

Und wir müssen verschiedene Themen nacheinander durchnehmen. Allgemein sollten wir erstmal verstehen, wie der hansische Handel ganz grob aussieht.

Was sind die allgemeinen Charakteristik als Handels? Zweitens möchte ich Ihnen die groben Strukturen, wie sich dieser hansische Handel vom 12. bis zum 15. Jahrhundert entwickelt.

Dann werden wir uns fragen, woher wir das alles wissen. Also wir werden das Wissenschaftlichkeitsprinzip auf die groben Strukturen anwenden und fragen, woher wissen wir, dass diese Strukturen so sind.

Dann werden wir die Frage der Reglementierung des Handels diskutieren und zu guter Letzt die Handelstechniken. Das geht in die großen Strukturen der europäischen Wirtschaft im Mittelalter.

Allgemein unterscheidet sich der hansische Handel, so wie er im 12. Jahrhundert allmählich entsteht, vom früheren Handel, nämlich in dem ersten Charakteristikum, dass es sich um ein Massenguthandel handelt.

Also gut, nicht? Die Hansen schippern nicht etwa Juwelen und kostbare Seidenstoffe, sondern ganz banale Dinge wie Getreide und Bier und Fisch, was ungeheuer wichtig ist, weil wir im Mittelalter ungefähr 135 Fastentage im Jahr haben, wo niemand Fleisch essen darf.

Konservierter Fisch ist demnach ein Riesenhandelsgut, Salz usw. usf. Das zweite allgemeine Charakteristikum des hansischen Handels ist, dass der Stückertrag niedrig ist.

Im Gegensatz zu Juwelen und Seidenstoffen verdient man nicht arg viel an dem einzelnen Gerstenkorn bzw. an dem einzelnen Zentnergerste, sondern man macht seinen Profit durch die Masse der Ein- und Ausfuhren.

Und das ist ein allgemeines Prinzip des spätmittelartlichen Handels in dieser inneren Zone, wo die Konkurrenz hoch ist und wirklich massiv.

Man verdient nicht viel am einzelnen Stück, aber man importiert und exportiert unvorstellbare Mengen, sodass man im Gesamtertrag ein auskömmliches Dasein.

Unser letztes Charakteristikum ist, dass wir keine großen, überragenden Kapitäne der Industrie, keine großen Händler haben, sondern eine ganze Reihe von mittelprächtigen Hansa Kaufleuten.

Also wir haben keine Medici's, wir haben keine großen Fugger, wir haben unzählige Johann Dasses und Johann Rinks, die hier 20 Pfund und da 40 Pfund hin und her schiffen.

Ich habe damals den Begriff Ameisenhandel dafür geprägt und das drückt es relativ treffgenau aus. Viele Ameisen tragen sozusagen ihr Schärflein bei.

So die groben Strukturen des Hansischen Handels. In der Frühphase, vom 12. bis ungefähr Ende des 14. Jahrhunderts, haben wir im Wesentlichen ein Ostwesthandel.

Und Hamburg und Lübeck, das ist der Karo in der Mitte des Bildes, sind das Nadelöhr, durch das der Handel von Ost nach West und umgekehrt passiert.

Und Visby, Kasten oben rechts, ist sozusagen die Zwischenstation von Lübeck und Hamburg auf dem Weg nach Northgerod, wo man die ganzen Wunder des Ostens, alles was man aus dem Wald holen kann, also Pelze, Holz, Honig, Wachs.

Laute Rohmaterialien, die im Westen dicke gebraucht werden. Diese Rohwaren werden in Northgerod und rings um die Ostsee und Nordsee bei Bergen abgeholt und nach Westen gebracht.

Und im Gegenzug verfrachten die Hansen Fertigwaren in aller Regel flehmisches oder englisches Tuch und verkaufen das im Osten.

Also wir haben einen Austausch von Rohwaren gegen Fertigwaren und im Wesentlichen ein Ostwest, eine Ostweststruktur des Handels.

Dieser Ostwesthandel kollabiert ungefähr um 1400. Es ist nicht ganz weg, aber es ist ein Schatten seiner selbst.

Ungefähr 1400, 1410, 1420. Versteht auch niemand, warum das ist, aber es ist an den Zollakten definitiv festzustellen.

Um 1420 merkt man, dass etwas Neues entstanden ist und zwar ein hansischer Nord-Süd-Handel.

Was man hier sieht, ist, dass englisches Tuch, ein sehr begehrtes Handelsgut, im Prinzip nach Süden verfrachtet wird, Richtung Antwerpen, Frankfurt usw. usf.

Und im Gegenzug importieren im Wesentlichen die Kölner bei Chente, das ist unser Mischgewebe aus Leinen und Baumwolle, alle möglichen Bundmetalle, die in Nürnberg hergestellt werden oder verschmiedet werden,

oder in Thüringer Wald, verschiedene Mittelmeerwaren, Gewürze etc. etc. Alles, was man auf dem Mittelmeergebiet organisieren kann, nach Norden hin.

Die großen Umschlagplätze, die auch die Grenzen der Wirtschaftsräume markieren, sind zum einen die Frankfurter Messe, das ist die Grenze zwischen dem Kölner- und dem Nürnberger Raum.

Die Nürnberger kommen in aller Regel nicht über Frankfurt hinaus, bringen ihre Bundmetalle, Silber, Nürnberger Tand usw. zur Frankfurter Messe.

Da wird es verkauft und von Kölnern weiter transportiert nach England. Und umgekehrt, Antwerpen ist die Grenze, Antwerpen, Bergen- und Soben,

die Brabanter Messen, heißen sie im Gesamtbegriff, sind die Grenze des englischen Wirtschaftsraumes.

Die Engländer bringen Tuch auf die Messe und kommen keinen Schritt weiter aufs Kontinent.

Es ist nicht ganz unbekannt heutzutage, dass die Engländer ein gespanntes Verhältnis haben zu Festland Europa.

So, wir wollen uns jetzt mal fragen, woher wir das alles wissen. Und wir müssen im Wesentlichen unsere Quellen,

dass denn die Zollakten in aller Regel, charakterisieren. Und das erste Problem für die Erkenntnis des hansischen Handels als Ganzes ist,

dass unsere Zollakten nur den Seehandel erfassen und nicht den binnenländischen Handel.

Was von Braunschweig nach Lübeck gebracht wird, entzieht sich unser Kenntnis. Was über Lübeck irgendwo anders hinging,

das haben wir zumindest in einigen Zollakten erfasst. Also wir sehen nicht den Gesamtheit des hansischen Handels,

sondern nur der sogenannte seegängige Handel über Lübeck, Hamburg, Danzig und so weiter und so fort, Rewal etc.

Zweitens, der Zweck dieser Zollakten besteht nicht darin, den Handel als solchen zu erfassen.

Es sollte den Stadtraten nicht darüber informieren, ob wir einen Handelsüberschuss haben,

ob wir die Handelsumsätze gesteigert haben, sondern es ist rein fiskalisch, die Zollakte ist der Nachweis des Zöllners,

dass er sämtliche Gelder korrekt eingezogen hat und korrekt eingezahlt hat, die ihm zum Einzug aufgegeben wurden.

Der Zöllner kriegt den Auftrag, geh hin, postiere dich am Hafen und sieh mal zu, dass du von jeder Heringston so und so viele Pfennige einnimmst

und er rechnet mit dem Rat ab und die Zollakte ist die Grundlage dafür. Also wir haben nicht eine Aktienlage,

die die Absicht hat, etwas über die wirtschaftliche Realität auszusagen, das macht diese Akte zufällig.

Was sie aussagen will, ist der Zöllner hat sich korrekt verhalten, er hat niemanden durchgelassen,

hat niemand ohne Zahlung durchgelassen, hat keine Waren einfach so unterwertig bewertet oder so was Ähnliches.

Die Akten, die ich heute diskutieren will, teilen sich eigentlich in zwei große Kategorien, einmal hansische und zum anderen ausländische,

nämlich englische Zollakten. Unter den hansischen Akten werde ich zunächst einmal die Lübecker Pfundzollliste von 1368, 69 diskutieren.

Diese Akte ist, wie die meisten hansischen Zollakten, nach Fahrtzielen geordnet.

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

01:39:16 Min

Aufnahmedatum

2009-11-06

Hochgeladen am

2018-12-17 11:45:28

Sprache

de-DE

Tags

Hanse Globalisierungszeitalter Globalisierung
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